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Mercedes-Chef spricht sich gegen 4-Tage-Woche aus: „Müssen die Ärmel hochkrempeln“

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Von: Julian Baumann

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Die IG Metall fordert eine 4-Tage-Woche in der Industrie. Mercedes-Chef Ola Källenius sieht eine solche Maßnahme nicht zielführend, um weiterhin international mitzuspielen.

Stuttgart - Die Maßnahme der 4-Tage-Woche ist in der Industrie seit langem im Gespräch. Im Zuge der Corona-Pandemie hatte die IG Metall auch vom Autokonzern Daimler eine solche Maßnahme gefordert, um die stark geforderten Mitarbeiter zu entlasten. Der damalige Daimler-Personalchef Wilfried Porth lehnte jedoch entschieden ab. Zum Tag der Arbeit am 1. Mai 2023 kochte die Debatte wieder hoch und IG-Metall-Gesamtchef Jörg Hofmann sprach sich erneut für eine 4-Tage-Woche aus, die gerade auf Baustellen oder im Schichtbetrieb, bei denen keine mobile Arbeit möglich ist, notwendig sei.

Während die Daimler AG die geforderte 4-Tage-Woche 2020 abgelehnt hatte, gibt es bei dem inzwischen zu Mercedes-Benz umbenannten Autokonzern seit langem die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten. Mercedes-Mitarbeiter können sogar vollständig mobil arbeiten, wenn ihre Aufgabe das zulässt, hatte eine Sprecherin gegenüber BW24 erklärt. Von einer 4-Tage-Woche ist Mercedes-Chef Ola Källenius angesichts der Transformation zur E-Mobilität und dem aktuellen Mangel an Fachkräften aber nach wie vor nicht überzeugt. „Wenn unsere erste Priorität ist, bei vollem Lohnausgleich weniger zu arbeiten, gewinnen wir international kein Spiel mehr“, sagte er im Interview mit Bild am Sonntag.

Mercedes-Chef hält angesichts von Transformation und Fachkräftemangel wenig von einer 4-Tage-Woche

Die Transformation zur E-Mobilität ist nicht nur eine große Herausforderung für die deutsche Autoindustrie, sondern artet international zunehmend zu einem Wettkampf aus. Wie groß die Kluft zwischen den traditionellen Autobauern aus Europa und den aufstrebenden Konzernen aus China bereits ist, zeigte sich besonders auf der Automesse in Shanghai. Hersteller wie Nio oder BYD holen auch auf den europäischen Märkten immer weiter auf und machen den Traditionskonzernen Konkurrenz. „Während in China eine extrem hohe Wettbewerbsintensität herrscht und hier in den Medien nahezu täglich der Fachkräftemangel thematisiert wird, diskutieren wir gleichzeitig über die 4-Tage-Woche“, sagte Ola Källenius.

4-Tage-Woche: angenommene Vorteile4-Tage-Woche: angenommene Nachteile
Mehr Freizeit für ArbeitnehmerWeniger Arbeitszeit für Arbeitgeber
Erhöhte Produktivität und ZufriedenheitEventuell höhere Kosten für Ersatzpersonal
Weniger StressSchwierigkeit bei Organisation von Arbeitsabläufen
Geringere Fehlzeiten

Laut dem Mercedes-Chef könne man sich eine solche Maßnahme in der Jahrhundert-Transformation nicht leisten. „Da müssen wir die Ärmel hochkrempeln“, sagte der schwedische Manager, der den Stuttgarter Autokonzern seit 2019 durchaus erfolgreich leitet. „Sonst verlieren die deutschen Autohersteller ihren Spitzenplatz auf der Welt.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Arbeitszeitreduzierung bei Mercedes-Benz grundsätzlich nicht möglich ist. „Möglich ist das in Absprache mit der Führungskraft“, hatte eine Konzernsprecherin unserer Redaktion erklärt. Die IG Metall fordert allerdings insgesamt eine Einführung der Maßnahme, um die Arbeitnehmer zu entlasten.

4-Tage-Woche kann durchaus funktionieren - es gibt jedoch noch immer Widerstand

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte ebenfalls im Gespräch mit Bild am Sonntag, dass eine 4-Tage-Woche in der Industrie seiner Meinung nach nicht zur Verschärfung des Fachkräftemangels führen würde. Das Arbeitsvolumen könne sogar gesteigert werden. Denn bei einer Woche mit 32 Stunden Arbeitszeit „wären viel mehr Frauen bereit, in Vollzeit zurückzukehren, weil dieses Modell auch mit Familie funktioniert“. Das zeigt auch ein Unternehmen aus dem Kreis Karlsruhe, das auf eine 4-Tage-Woche bei gleichem Gehalt umgestellt hatte. „Mitarbeiter mit Kindern wissen die zeitliche Flexibilität zu schätzen“, hatte der Inhaber des Unternehmens erklärt.

Mitarbeiter des Stuttgarter Autoherstellers Mercedes-Benz arbeiten in der Factory 56 im Merecdes-Benz Werk in Sindelfingen in der Fertigung von Oberklasse- und Luxusfahrzeugen.
Mercedes-Chef Ola Källenius sieht eine 4-Tage-Woche angesichts von Transformation und Fachkräftemangel nicht als zielführend.  © Bernd Weißbrod/dpa

Für kleinere Unternehmen oder auch für einzelne Teams – eine MHP-Managerin testet beispielsweise eine 3-Tage-Woche, allerdings auch mit reduziertem Gehalt – ist eine Arbeitszeitreduzierung durchaus umsetzbar, in großen Industriebetrieben regt sich aber weiterhin Widerstand. Dass Mercedes-Chef Ola Källenius angesichts der Transformation und dem Fachkräftemangel von einer Arbeitszeitreduzierung nicht überzeugt ist, leuchtet ein. „Die extrem vollen Auftragsbücher widersprechen eigentlich solchen Ideen“, hatte Gerd Kistenfeger von der Handwerkskammer Region Stuttgart im vergangenen Jahr gegenüber BW24 erklärt. „Es sollten allerdings tabulos alle Ideen durchdacht werden, die dem Thema Fachkräftemangel entgegenwirken könnten.“

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