Mercedes-Luxussportwagen ist laut Testern eines der „verwirrendsten Rätsel in den vergangenen Jahren“
Die Luxus-Sportwagenreihe SL von Mercedes-AMG ist bereits legendär. Beim neuesten Modell blieben in einem Test von TopGear aber viele Fragen offen.
Stuttgart - Der Stuttgarter Autokonzern Mercedes-Benz richtet sich noch stärker auf den Luxus aus, wie der Vorstand um Mercedes-Chef Ola Källenius im vergangenen Jahr erklärte. Obwohl diese Ausrichtung dem Traditionsunternehmen einige Kritik einbrachte, zahlte sie sich finanziell bereits aus. Die erklärte Absicht ist, sich in Zukunft verstärkt auf die hochpreisigen Modelle der Kernmarken, der Luxus-Marke Mercedes-Maybach und der Tuning-Marke Mercedes-AMG zu konzentrieren. Zu dieser Absicht passt der Mercedes-AMG SL 63, der vom Unternehmen als „sportlicher, luxuriöser und anziehender als je zuvor“ beschrieben wird.
Obwohl sich Mercedes-Benz insgesamt mehr auf Luxus ausrichtet, stellen die Modelle von Mercedes-AMG mit besonders kraftvollen Motoren noch immer eine Besonderheit im Portfolio der Schwaben dar. Mit dem „Vision AMG“ hatte Mercedes-Benz im vergangenen Jahr einen ersten Ausblick auf einen „vollelektrischen Sportwagen der Zukunft“ gegeben. Im neuesten Fabrikat der legendären Baureihe SL kommt aber erneut ein leistungsstarker V8-Motor zum Einsatz. Von diesem zeigte sich das bekannte britische Automagazin TopGear auch durchaus überzeugt, vom Interieur und vor allem dem überdimensionierten Infotainmentsystem waren die Tester aber alles andere als angetan.
Mercedes-AMG SL 63 sitzt laut Test zwischen den Stühlen – Luxus-Cruiser oder Sportwagen?
Dass ein neues Hochleistungsmodell von Mercedes-AMG ein begehrenswertes Fahrzeug für Autofans ist, steht wohl außer Frage. Die Experten bei TopGear rätseln laut dem Testbericht aber, was der neue SL nun eigentlich genau sein will. „Die 63er-Versionen von AMG hatten immer eine besondere Form, waren aber nie direkte, aggressive Sportwagen“, schreibt das Magazin. „Ein SL war eine Vergnügungsyacht, kein Jetski, wenn Sie wissen, was ich meine.“ Der neue SL 63 sitze diesbezüglich aber zwischen den Stühlen, sei für einen Luxus-Cruiser zu aggressiv und für einen Sportwagen zu schwerfällig. Auch dass der einstige Zweitsitzer nun zum Viersitzer geworden ist, traf bei den Briten auf wenig Verständnis.
Modellreihe: | Mercedes-AMG SL |
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Hersteller: | Mercedes-Benz / Mercedes-AMG |
Produktionszeitraum: | seit 2022 |
Klasse: | Sportwagen |
Karosserieversionen: | Cabriolet |
Vorgängermodell: | Mercedes-Benz SL (R231) |
Motoren: | 4,0-Liter-V8-Biturbo |
Leistung: | 476 bis 585 PS |
Drehmoment: | 630 bis 800 Nm |
Beschleunigung: | 0-100 km/h in 3,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit: | 250 km/h (elektronisch begrenzt) |
Getriebe: | 9-Gang-Automatik |
Wettbewerber: | Porsche 911, Audi R8, BMW 8er |
Im Test von TopGear-Redakteur Ollie Kew wird eben deshalb auch die Rückbank des neuen Mercedes-AMG SL 63 genauer unter die Lupe genommen – mit eher negativem Ergebnis. Es sei nicht realistisch, dass ein normaler Mensch auf der Rückbank Platz finde, lautet das deutliche Fazit der Tester. „Es ist merkwürdig: Mercedes hat versucht, den SL in einen kompromisslosen Sportwagen zu verwandeln, und ihn dann mit Rücksitzen ausgestattet.“ Auf deutliche Kritik bei den Briten stößt auch die Bedienung des „gläsernen Armaturenbretts“ MBUX, das in der aktuellen S-Klasse erstmals zum Einsatz kam, und beim SL noch größere Dimensionen annimmt.
Dass neue Automodelle mit immer mehr hochmoderner Software ausgestattet werden, die dem Fahrer das Fahren eigentlich erleichtert sollen, stellenweise das eigentliche Fahren aber in den Hintergrund rücken, wird seit einiger Zeit bemängelt. Beim Mercedes-AMG SL 63 sind mit den kleinen Bedienfeldern in den Lenkradspeichern und den Hauptfunktionen auf dem großen Screen laut TopGear zu viele Spielereien verbaut – auch für Funktionen, die mit einem einfachen Knopf bedienbar seien. „Wie Mercedes-Benz – das einstige Aushängeschild für Geschmack und Vernunft – mit einem technikbesessenen Design in einen solchen Schlamassel geraten konnte, ist unklar“, heißt es im Testbericht.
Tester mit eindeutigem Fazit zum Mercedes-Sportwagen – „Die SL-Legende hat Besseres verdient“
Obwohl der Testbericht des Automagazins nicht mit deutlicher Kritik spart, sieht TopGear das MBUX von Mercedes-Benz nicht grundsätzlich als überflüssig an. Schließlich sei die Technik auch in der S-Klasse zu finden und man möge die S-Klasse. „Aber die S-Klasse ist eine Luxuslimousine, der SL ist eine Rakete.“ Bei der Fahrt mit einem derart schnellen Luxus-Sportwagen benötige man kein Interieur das sich anfühle, als „befinde man sich in einem Escape-Room voller Rätsel, kalkulierter Frustration und hinterhältiger Sackgassen“. Demnach versucht der SL auf einer einen Seite ein Hochleistungs-Fahrzeug für Speed-Fanatiker zu sein, will auf der anderen Seite aber auch alle Annehmlichkeiten einer S-Klasse bieten.

Im Fazit des TopGear-Testberichts zum Mercedes-AMG SL 63 spiegelt sich ebenfalls wider, dass nicht ganz klar ist, was das Fahrzeug sein will. „Der SL 63 ist eines der verwirrendsten Rätsel in den vergangenen Jahren“, heißt es dort. Unter „Ich liebe es“ verbuchen die Briten den leistungsstarken Motor und die Turbofan-Luftdüsen. Unter die Kategorie „töte es mit Feuer“ fallen dagegen das Interieur und auch das Chassis. „Mercedes-AMG hat eine seiner ikonischsten historischen Modellbezeichnungen genommen und sie einem Modell verliehen, das nicht genau weiß, was es sein will“, so das Fazit. „Die SL-Legende hat Besseres verdient.“