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Staatshilfen trotz Milliardengewinn: Finanzminister kritisiert Mercedes – „nicht die feine englische Art“

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Von: Julian Baumann

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Mercedes-Benz hat 2022 einen Milliardengewinn erwirtschaftet aber dennoch Staatshilfen in Form von Kurzarbeitergeld angemeldet. Das trifft bei Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) auf Unverständnis.

Stuttgart - Der Autokonzern Mercedes-Benz hatte im vergangenen Jahr die erweiterte Luxusstrategie vorgestellt und will sich fortan noch stärker auf den Luxus konzentrieren, während das Einstiegssegment ausgedünnt wird. In der Politik traf diese Entscheidung beim ältesten Autohersteller der Welt mitunter auf deutliche Kritik. Mercedes würde nur noch Autos für „Scheichs und die Reichen“ bauen, kritisierte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Luxusstrategie des Konzerns. Der Erfolg gab Mercedes-Benz letztendlich aber recht, die Stuttgarter erwirtschafteten im Krisenjahr 2022 einen Milliardengewinn und zahlten den Mitarbeitern die höchste Prämie der Firmengeschichte aus.

Trotz des außerordentlich erfolgreichen Geschäftsjahres ist auch Mercedes-Benz von den anhaltenden Logistik-Problemen nicht gefreit. Ein Konzern-Sprecher hatte gegenüber BW24 bestätigt, dass die Lieferprobleme nach wie vor ein Thema seien. Deshalb zeigte sich der Autobauer trotz des Erfolgs im Vorjahr bei einem Ausblick auf 2023 vorsichtig. Dass Mercedes-Benz die Mitarbeiter an mehreren Standorten erneut in die Kurzarbeit schickte, traf angesichts des Milliardengewinns dennoch auf deutliche Kritik. Auch Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) kritisierte den Autobauer im Podcast „Jung & Naiv“ von Tilo Jung. Der Finanzminister hatte Deutschland Ende 2022 als „Geldwäscheparadies“ bezeichnet.

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) im Podcast „Jung & Naiv“. Rechts: Das Mercedes-Benz Museum.
Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne, l.) ist mit der Anmeldung von Kurzarbeitergeld bei Mercedes-Benz nicht einverstanden. © Screenshot: Youtube/Jung & Naiv/Bernd Weißbrod/dpa (Fotomontage: BW24).

Mercedes-Benz erzielt Milliardengewinn und meldet Kurzarbeit an – „wie kann das sein?“

Ende Februar hatte Mercedes-Benz seine Mitarbeiter auch am Stammwerk in Stuttgart erneut in die Kurzarbeit geschickt. Als Grund nannte eine Konzernsprecherin die anhaltenden Lieferengpässe im Zuge des Ukraine-Krieges. Da diese Maßnahme aber nur wenige Tage nach der Verkündung der Jahresbilanz und damit des Milliardengewinns angemeldet wurde, traf mitunter auf deutliche Kritik. Im Podcast „Jung & Naiv“ konfrontierte Tilo Jung Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) mit einer entsprechenden Schlagzeile. „Mercedes macht einen Milliardengewinn und braucht trotzdem Staatshilfen“, so Jung. „Wie kann das sein?“ „Diese Überschrift hat man bei unterschiedlichen Unternehmen ja auch in der Pandemie immer wieder gelesen“, antwortete Bayaz. „Gut finde ich das auch nicht.“

Zugleich machte der Finanzminister aber auch deutlich, dass „Kurzarbeitergeld ja nicht die Staatskasse, sondern Beiträge, die Unternehmen über Jahre geleistet haben“, seien. „Genau für so eine Situation, die jetzt eintritt.“ Auch Mercedes-Benz hatte als Reaktion auf die Kritik erklärt, dass das Unternehmen und die Mitarbeiter in den vergangenen zehn Jahren einen einstelligen Milliardenbetrag in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hätten. Die Maßnahme soll eben dazu führen, dass die Mitarbeiter trotz Lieferengpässen und einer verringerten Position vor einer Arbeitslosigkeit bewahrt werden. Bei Mercedes-Benz gilt in Deutschland allerdings ohnehin eine Jobsicherungsvereinbarung für Mitarbeiter an den deutschen Standorten.

Finanzminister Bayaz über Staatshilfen trotz Milliardengewinn bei Mercedes: „trifft auf Unverständnis“

Moderator Tilo Jung widersprach dem Finanzminister in diesem Punkt jedoch. „Das stimmt ja nicht, was du sagst, das sind ja keine Versicherungsleistungen“, sagte er in seinem Podcast. „Das Geld für Mercedes und die Kurzarbeit kommt aus dem Bundeshaushalt.“ Die Bundesagentur für Arbeit müsse jedes Jahr nachmelden, wie viel Geld sie extra benötigt, damit sie die Kurzarbeit finanzieren könne. Deshalb sei das Kurzarbeitergeld letztendlich eine Staatshilfe. „Mercedes macht einen Milliardengewinn, schüttet Dividenden und Boni aus und erhält Staatshilfen?“, fragte Tilo Jung erneut an den Finanzminister gerichtet. „Ich habe ja gesagt, dass das auf Unverständnis trifft“, erwiderte Danyal Bayaz. „Aber diese Regeln lassen sich ja entsprechend anpassen.“

Kurzarbeitergeld

Kurzarbeitergeld ist eine staatliche Leistung, die Arbeitnehmern während vorübergehender Arbeitsausfälle gezahlt wird. Es soll dazu beitragen, Entlassungen zu vermeiden und Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu unterstützen. Wenn ein Unternehmen aufgrund von konjunkturellen Schwierigkeiten, Naturkatastrophen oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen die Arbeitszeit seiner Mitarbeiter vorübergehend reduzieren muss, kann es Kurzarbeit anmelden und die betroffenen Mitarbeiter erhalten Kurzarbeitergeld.

Das Kurzarbeitergeld deckt einen Teil des Lohnausfalls ab, den die Arbeitnehmer aufgrund der reduzierten Arbeitszeit erleiden. Der genaue Betrag hängt von der Höhe des Nettoentgelts ab und beträgt normalerweise zwischen 60 und 80 Prozent des Nettoentgelts. Die Leistung wird für maximal zwölf Monate gezahlt, kann aber in Ausnahmefällen verlängert werden.

Das Kurzarbeitergeld wird von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt und aus Steuermitteln finanziert. Es soll dazu beitragen, Arbeitsplätze zu erhalten und die wirtschaftliche Stabilität zu fördern.

Auf die Frage, ob er dafür einstehe, diese Regeln anzupassen, erklärte Bayaz im Podcast, dass diese Angelegenheit beim Bundesarbeitsministerium liege und nicht unmittelbar seine „Baustelle“ sei. Auf die Frage, ob ein solches Vorgehen unmoralisch und ungerecht sie, antwortete Bayaz: „Das ist auf jeden Fall nicht die feine englische Art.“ Angemerkt werden muss allerdings, dass Mercedes-Benz die Kurzarbeit wohl kaum aufgrund von mangelnden finanziellen Mitteln, sondern aufgrund von fehlender Arbeit im Zuge der anhaltenden Lieferengpässe von wichtigen Komponenten angemeldet hatte. „Ich kann den Vorstand gerne mal darauf ansprechen, wenn ich ihn mal wieder treffe“, sagte Bayaz im Podcast.

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