Südwest-FDP widerspricht grünem Minister: Einigung im Verbrenner-Streit wird „viele Arbeitsplätze sichern“
Die Bundesregierung hat der EU-Kommission im Verbrenner-Streit eine Ausnahme für E-Fuels abgerungen. Im Gegensatz zu Verkehrsminister Hermann (Grüne) sieht die Südwest-FDP dadurch deutliche Vorteile.
Stuttgart - Im Verbrenner-Streit hat sich das Ursprungsland des Automobilbaus zum Unmut einiger anderer EU-Mitgliedsstaaten letztendlich durchgesetzt. Demnach dürfen auch nach 2035 noch neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verkauft werden, wenn diese mit klimaneutralen Kraftstoffen angetrieben werden. In Baden-Württemberg gibt es in Bezug auf diese Entscheidung ein geteiltes Echo. Autokonzern Mercedes-Benz hatte das EU-Votum zum Verbrenner-Aus bereits in der Vergangenheit begrüßt, Porsche hatte auf BW24-Nachfrage dagegen wiederholt erklärt, ungeachtet der EU-Entscheidung an den E-Fuel-Plänen festhalten zu wollen. Doch auch in der Politik gibt es Unstimmigkeiten.
Eine Umfrage unserer Redaktion zum Verbrenner-Aus unter den Landtagsfraktionen in Baden-Württemberg zeigte mitunter stark unterschiedliche Standpunkte. „Wir Grüne positionieren uns mit einem klaren Ja zum Verbrenner-Aus 2035“, hatte Silke Gericke, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion erklärt. Friedrich Haag, Sprecher für individuelle Mobilität der FDP-Fraktion, nannte die Entscheidung dagegen „eine gegen den Klimaschutz und die Menschen“. Auch in Bezug auf die E-Fuels, wie sie Autobauer Porsche seit Dezember 2022 in Chile produziert, herrscht bei den Parteien im Südwesten Uneinigkeit.
Einigung im Verbrenner-Streit: Hermann sieht keine Vorteile für Baden-Württemberg
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte, er sei froh, dass sich die EU und die Bundesregierung in Bezug auf den Verbrenner-Streit endlich geeinigt haben, sagte aber auch, dass die Ausnahme für E-Fuels keinen Nutzen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg haben werde. Der synthetische Kraftstoff sei vielleicht für den Einsatz bei Schiffen und Flugzeugen geeignet, aber nicht für Pkw, da E-Fuels pro Liter noch deutlich zu teuer seien. Dass die E-Fuels mit rund 10 Euro pro Liter das Autofahren in Deutschland zum Luxus machen könnten, wurde bereits vor einiger Zeit vermutet.
Die großen Unternehmen der baden-württembergischen Autoindustrie setzen zwar allesamt auf die E-Mobilität, Porsche und auch die Zulieferer Bosch und Mahle setzen aber weiterhin auf eine Technologieoffenheit. „Auf dem globalen Markt wird es noch lange Verbrennungsmotoren geben“, sagte eine Mahle-Sprecherin gegenüber BW24. „Wir müssen daher technologieoffen alle Wege nutzen, um die Mobilität schnellstmöglich so nachhaltig und umweltfreundlich wie möglich zu gestalten.“ Auch Bosch hatte in der Vergangenheit ein Verbot von Verbrennungsmotoren entschieden kritisiert. Der größte Autozulieferer der Welt hatte zudem angekündigt, auch weiterhin Verbrenner-Komponenten produzieren zu wollen.
Südwest-FDP zur Verbrenner-Einigung: „werden dadurch viele Arbeitsplätze sichern können“
Obwohl sich die Südwest-Autoindustrie grundsätzlich einig ist, dass die E-Mobilität die Zukunft sein wird, hängen aktuell noch unzählige Arbeitsplätze am Verbrenner – und das eben auch bei Mercedes-Benz und Bosch, zwei der größten Arbeitgeber des Bundeslandes. In diesem Punkt sieht die FDP-Landtagsfraktion durch die Einigung eben doch einen deutlichen Vorteil für den Wirtschaftsstandort. „Wir werden dadurch viele Arbeitsplätze vor allem im Zulieferer-Bereich der Automobilindustrie und im Kfz-Gewerbe im Südwesten sichern und zukunftsfähig machen können“, erklärte Christian Jung, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, am Sonntag (26. März) nach der Einigung zwischen Bundesregierung und EU-Kommission.

„Denn aus verschiedenen Gründen gehe ich nicht davon aus, dass es in Zukunft nur noch Elektroautos geben wird, zumal alle Automobilhersteller weiterhin in Werken innerhalb und außerhalb Europas oder über Beteiligungen auch Verbrenner-Motoren nicht nur für Nutzfahrzeuge oder Baumaschinen herstellen werden“, so Jung weiter. Eben deshalb sei das monatelange Ringen von Verkehrsminister Wissing mit Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SDP) so wichtig gewesen. Die Aussage von Winfried Hermann, dass die Ausnahme von E-Fuels aus Kostengründen keinen Nutzen für Baden-Württemberg hätte, bezeichnete der FDP-Politiker als „nicht nur in Bezug auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und Produktionsstandorten falsch“.