Audi-Chef befürwortet Verbrenner-Verbot - „Riesenchance“ für Europa

Die EU will die Produktion von Verbrenner-Motoren ab 2035 verbieten. Der Chef des Autobauers Audi sieht das als Chance für Europa und befürwortet auch das Ende der staatlichen Zuschüsse.
Stuttgart/Gmund - Eine vollkommene Abkehr vom Verbrenner wird in der deutschen Autoindustrie seit langem diskutiert. Bei den großen Konzernen gibt es derzeit aber noch immer Uneinigkeit. Während Mercedes-Benz aus Stuttgart das Verbrenner-Ende bereits beschlossen hat, und ab 2030 nur noch E-Auto produzieren will, waren BWM und der VW-Konzern bislang zögerlicher. Die EU-Kommission will ab 2035 eine Verbrenner-Produktion gesetzlich verbieten. Die Grünen in Deutschland forderten eine noch frühere Abkehr: Die Grünen scheiterten, Mercedes, BMW und VW dürfen noch bis 2035 Verbrenner bauen.
Der derzeitige E-Auto-Boom ist auch den staatlichen Zuschüssen bei dem Kauf eines voll- oder teilelektrischen Modells geschuldet. Die Bundesregierung will die Gesetzeslage aber anpassen, ab 2023 bekommen E-Auto-Käufer für bestimmte Modelle keine Prämie mehr. Ein Ende der Kaufprämie für Plug-in-Hybriden dürfte dagegen bereits Ende 2022 eintreten. Der Chef des Autobauers Audi, der wie der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche zum VW-Konzern gehört, sieht darin eine große Chance für Europa. Durch den Wegfall der Prämie könne sich die Branche auf reine E-Autos und die entsprechende Ladeinfrastruktur konzentrieren, sagte Markus Duesmann auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund am Tegernsee vor einigen Tagen.
Audi-Chef fordert von der Politik eine klare Unterstützung für das batterieelektrische Auto
In der Autoindustrie wird gerade bei den großen Konzernen derzeit bezweifelt, ob eine Umstellung der Bestandsflotte auf rein elektrische Antriebe ohne weiteres möglich wäre. Die Plug-in-Hybriden gelten mit ihrem doppelten Antrieb aus Elektro- und Verbrennermotor als Zwischenschritt zwischen den Benzin- und Dieselmodellen und den reinen E-Autos. Der Renault-Entwicklungschef sagte kürzlich, alles auf E-Autos zu setzen, sei „wirklich riskant“. „Generell werden wir alles dafür tun, dass uns zumindest der Plug-in-Hybrid auch nach 2035 erhalten bleibt, obwohl die EU-Kommission die Absicht verfolgt, ab dann den Verbrennungsmotor zu verbieten“, so Gilles Le Borgne.
Markus Duesmann, Chef des Autoherstellers Audi mit Sitz im bayerischen Ingolstadt, ist dagegen der Ansicht, dass eine Abkehr vom Verbrenner eine „Riesenchance“ für Europa sei. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, Weltmarktführer für E-Mobilität und für neue Technologien, für Defossilisierung zu werden“, sagte Duesmann auf dem Ludwig-Erhard Gipfel am 21. April laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Vorstandsvorsitzende fordert von der Politik eine Technologieklarheit und eine Unterstützung für das batterieelektrische Auto. „Deshalb befürworte ich auch, dass die Kaufprämie für Plug-in-Hybride, die eine reine Brückentechnologie darstellt, in Deutschland Ende dieses Jahres ausläuft“, so der Audi-Chef.
Europa muss ab 2040 ganz auf fossile Kraftstoffe verzichten, sagt der Audi-Chef
Obwohl sich noch nicht alle namhaften Autohersteller vollständig vom Verbrenner losgesagt haben, ist das E-Auto inzwischen deutlich auf dem Vormarsch. Für Autos sei der batterieelektrische Antrieb am effizientesten, sagte auch Audi-Chef Duesmann. Das Ladenetz für E-Autos in Deutschland ist in weiten Teilen aber noch immer ein Trauerspiel. Dabei sei eben der Aufbau einer solchen Ladeinfrastruktur entscheidend und aufgrund der hohen Kosten sei ein paralleler Aufbau von Wasserstofftankstellen nicht möglich. Wasserstoff galt lange Zeit als ernsthafte Alternative zu den E-Autos, wurde inzwischen aber weitgehend fallengelassen. Auch Mercedes-Benz gab die E-Auto-Alternative auf, die lange aussichtsreich schien.
Laut Audi-Chef Duesmann müsse Europa vorangehen und ab 2040 ganz auf fossile Kraftstoffe verzichten. „Wenn wir in Europa klare Entscheidungen treffen, werden die anderen auf der Welt uns folgen“, sagte er laut der dpa. Deshalb hält der Vorstandvorsitzende der VW-Tochter auch nichts von einer künstlichen Herabsetzung der aktuell extrem hohen Benzin- und Dieselpreise. „Die künstliche Senkung der Kraftstoffpreise unterstützt nicht unsere eigentlichen Ziele, fossile Kraftstoffe einzusparen“, machte er deutlich. Audi will nach eigenen Angaben ab 2033 ausschließlich E-Autos produzieren und mittelfristig damit ebenso hohe Gewinnmargen erwirtschaften, wie heute mit Verbrennern. Konzern-Schwester Porsche forscht dagegen an synthetischen Kraftstoffen und will damit auch den Verbrenner-Motor CO2-neutral betreiben.