„Meilenstein“: Neue Teststrecke der Uni Stuttgart könnte gleich mehrere Probleme von E-Autos lösen
Die Wartezeit beim Laden eines E-Autos ist für viele noch immer ein Ärgernis. Ein Forscher-Team der Universität Stuttgart könnte dafür die Lösung haben.
Stuttgart - Die E-Mobilität beschäftigt nicht nur führende Autohersteller wie Mercedes-Benz oder Tesla oder auch aufstrebende Start-ups, sondern auch die Wissenschaft. Studenten entwickelten etwa ein E-Auto, das die Luft beim Fahren reinigt. Ein Forscher-Team der Universität Stuttgart hat auf dem technisch geprägten Campus im Stadtteil Vaihingen eine spezielle Teststrecke entwickelt, die ein oft genanntes Ärgernis der E-Mobilität lösen könnte. Statt an Ladesäulen warten zu müssen, bis der Akku geladen ist, könnten E-Auto-Fahrer ihre Fahrzeuge in Zukunft während der Fahrt laden. Im vergangenen Jahr knackten Studenten der Uni Stuttgart mit einem selbstgebauten E-Rennwagen einen Weltrekord.
Dass E-Autos statt mit Kabeln auch per Induktion geladen werden können, ist keine gänzlich neue Erfindung. VW will E-Autos beispielsweise kabellos laden und arbeitet mit US-Partnern an Induktionsplatten. Die 20 Meter lange Teststrecke auf dem Campus der Universität Stuttgart zeichnet sich laut einer Pressemitteilung aber durch eine sehr hohe Effizienz mit Wirkungsgraden von bis zu 90 Prozent aus. Damit wäre das Laden während der Fahrt genauso effizient wie das Laden per Kabel. „Mit diesem hohen Wirkungsgrad haben wir einen Meilenstein beim induktiven dynamischen Laden erreicht“, sagte Professorin Nejila Parspour. „Wir kennen kein System, das ähnlich effizient ist.“
Uni Stuttgart entwickelt Teststrecke die gleich mehrere Probleme der E-Mobilität lösen könnte
Entwickelt wurde die Teststrecke von einem Forschungsteam des Instituts für Elektrische Energiewandlung (IEW) unter Leitung von Nejila Parspour im Rahmen des MobiLab-Teilprojekts „Forschungsstraße: Dynamisches Laden und sichere Energieversorgung.“ Mit der Entwicklung könnten sogar gleich mehrere Probleme der E-Mobilität gelöst werden. „Dank dynamischen Ladens können wir die Reichweite der Fahrzeuge vergrößern, die Batteriekapazität verringern und die notwendige Ladezeit drastisch reduzieren“, erklärt Parspour, die das Projekt gemeinsam mit Professor Krzysztof Rudion vom Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) betreut, laut der Mitteilung.

Wenn das E-Auto auf die Strecke fährt, erkennt diese die Position des Fahrzeugs über ein Spulensystem und versorgt dadurch nur die relevanten Primärspulen im Boden. Die Teststrecke auf dem Campus der Uni Stuttgart in Vaihingen besteht laut Mitteilung aus 40 einzelnen Spurenelementen mit einer Grundfläche von 50 auf 48 Zentimeter, der Abstand zwischen Fahrzeug und Spule beträgt 20 Zentimeter. Durch eine magnetische Kopplung wird Strom auf die Spule im Fahrzeug übertragen. Unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der das jeweilige E-Auto auf der Teststrecke fährt, wird das Fahrzeug kontinuierlich mit einer Leistung von 10 Kilowattstunden Strom versorgt.
Teststrecke für E-Autos: Einsatz der Technologie auf Autobahnen „technisch bereits heute möglich“
Auf Anfrage von BW24 erklärte Christian Grüner, Laboringenieur und Technischer Leiter am IEW, dass der vorgestellte Aufbau für das dynamische Laden während der Fahrt auf eine Geschwindigkeit von bis zu 120 Kilometern pro Stunde ausgelegt sei. „Das heißt, die Ausstattung von Autobahnen und anderen Straßen zum dynamischen induktiven Laden ist technisch bereits heute möglich.“ Im nächsten Schritt will das Forschungsteam der Uni Stuttgart die bisherige Teststrecke von 20 Metern aber zunächst auf eine komplette Forschungsstraße auf dem Campus Vaihingen ausweiten und auf dieser den autonom fahrenden Campus-Shuttle erproben, der derzeit eingelernt wird.
Das Forschungsprojekt MobiLab, in dessen Rahmen auch die Teststrecke entwickelt wurde, hat das Ziel, der Universität Stuttgart einen autofreien Campus zu ermöglichen. „Der Campus ist der Ort, an dem wir unsere vielfältigen Forschungsfelder im Sinne einer nachhaltigen Mobilität ausprobieren können, um zu zeigen, wie emissionsarme Konzepte ineinandergreifen müssen, um zukünftig erfolgreich zu sein“, sagte Wolfram Ressel, der Rektor der Universität Stuttgart in einer Mitteilung zum MobiLab. Neben E-Autos beschäftigt sich die Hochschule auch mit anderen modernen Formen der Mobilität. Mit dem E-Flugzeug „eGenius“ brach die Uni Stuttgart bereits mehrere Weltrekorde.