Ukrainer produziert E-Autos, „um Probleme des Wiederaufbaus nach dem Krieg zu lösen“
In der Ukraine herrscht nach wie vor Krieg, doch ein Unternehmer denkt bereits an den Wiederaufbau des Landes. Dafür will er eine ehemalige Automarke reaktivieren.
Stuttgart/Kiew - Nahezu alle Autohersteller Europas setzen inzwischen auf die Produktion von E-Autos. Ein ehemaliger Bosch-Manager entwickelt das erste türkische E-Auto, das in die Serienproduktion gehen soll. Die batterieelektrischen Fahrzeuge erlebten auch in der Ukraine vor einigen Jahren zumindest einen kleinen Boom, der spätestens seit dem Angriff der russischen Armee in das Land aber zum Erliegen kam. Obwohl der Krieg in der Ukraine auch beinahe ein Jahr nach der Invasion tobt, hat ein Unternehmer die Vision, ein ukrainisches E-Auto auf den Markt zu bringen. Dafür reaktivierte er eine Automarke aus vergangenen Zeiten.
Im Zuge des Ukraine-Krieges stiegen die Energiekosten in ganz Europa massiv an. Ein Experte befürchtete, die Strompreisexplosion könnte den Umstieg aufs E-Auto gefährden. Mitten in der umkämpften Hauptstadt Kiew setzt ein Unternehmer aber offenbar große Hoffnungen in die E-Mobilität. Am 12. Dezember veröffentlichte Luaz Motors auf Facebook einen ersten Eindruck eines vollelektrischen Pick-ups. Wenige Tage später schrieb Wadym Ihnatow, der Geschäftsführer von Luaz Motors, dass das erste Modell ab Januar oder Februar 2023 vorbestellbar sein solle. „Wenn nichts Unerwartetes passiert, beträgt die Lieferzeit etwa 1,5 bis 2 Monate“, schrieb er.
Ukrainischer Unternehmer reaktiviert Automarke und will E-Auto auf den Markt bringen
Das Unternehmen Luaz Motors, das offenbar mitten im umkämpften Kiew entstanden ist, soll laut der Instagram-Seite eine „Wiedergeburt der legendären ukrainischen Automarke Luaz“ sein. Das Luzkyj awtomobilnyj sawod (deutsch: „Luzker Automobilwerk“ oder kurz LuAZ) wurde während der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik gegründet und produzierte bis 2006 eigene Modelle. An einem dieser Modelle, dem Geländewagen LuAZ-969M, orientiert sich auch das Design des elektrischen Pick-ups von Luaz Motors. Den Markennamen konnte das neu gegründete Unternehmen übrigens reaktivieren, da die Rechte des ursprünglichen Unternehmens 2009 erloschen waren.

Dass Wadym Ihnatow ausgerechnet während des Krieges in seinem Heimatland ein E-Auto auf den Markt bringen will, hat aber nicht nur den Hintergrund, eine ehemalige Automarke zu reaktivieren. „Die Ukraine braucht jetzt mehr denn je ein Elektroauto für die breite Masse, um die Probleme des Wiederaufbaus nach dem Krieg zu lösen“, schrieb er. Am 28. Dezember hatte Luaz Motors einen kurzen Clip des elektrischen Pick-ups auf Facebook veröffentlicht. Darin war das weiße Fahrzeug weihnachtlich dekoriert und mit allerhand Geschenken und Dekoration beladen. Nach Kriegsende soll der Pick-up nach der Vorstellung des Geschäftsführers von Landwirten oder Unternehmen verwendet werden, um kleinere Ladungen zu transportieren.
Batterien des ukrainischen E-Autos können laut Unternehmer Häuser und Wohnungen mit Strom versorgen
Ein elektrisches Fahrzeug kann neben der Funktion als Fortbewegungsmittel aber auch als Energiespeicher eingesetzt werden. Porsche hatte den Taycan beispielsweise als Kraftwerk getestet und im Dezember versorgte ein E-Auto den Weihnachtsbaum einer deutschen Stadt mit Strom. Für die umkämpfte Ukraine, in der Stromausfälle mitunter zur Tagesordnung gehören, kann der Akku eines E-Autos ebenfalls helfen. „Ein in dem Luaz installiertes Batterie-Modul kann ein normales Haus (Pumpe, Boiler, Kühlschrank und Licht) bis zu 5 Stunden mit Strom versorgen“, schrieb Luaz Motors im Januar auf Facebook. „Und eine normale Wohnung (Kühlschrank, Licht, TV und Gadgets) bis zu 10 Stunden.“
Der Akku, und damit das E-Auto aus der Ukraine, soll innerhalb von 1,5 Stunden geladen sein und das zudem auch noch vergleichsweise erschwinglich. Auf die Frage eines Facebook-Nutzers antwortete Wadym Ihnatow, dass der Preis für den elektrischen Pick-up bei 5.100 US-Dollar (rund 4.770 Euro) beginnen werde. Ob das E-Auto aus der Ukraine, wie im Dezember 2022 verkündet, im Februar vorbestellbar sein wird, lässt sich aktuell nicht sagen. Die offizielle Seite von Luaz Motors ist zum aktuellen Stand (7. Februar) nicht erreichbar. Dass E-Autos aber auch in der Ukraine beliebt sind, zeigte sich bereits zu Beginn des Krieges. Tesla-Chef Elon Musk schaltete die Supercharger-Stationen für alle frei, die per E-Auto aus dem Land flohen.