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Baden-Württemberg will Anbieter von E-Scootern für Schäden haftbar machen 

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Von: Julian Baumann

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Oft liegen E-Scooter kreuz und quer in der Stadt, wie hier in Stuttgart, auf einer öffentlichen Toilette.
Oft liegen E-Scooter kreuz und quer in der Stadt, wie hier in Stuttgart, auf einer öffentlichen Toilette. © Leif-Hendrik Piechowski/IMAGO

An E-Scootern in den Großstädten scheiden sich die Geister. Ein Vorstoß von Baden-Württemberg soll nun dazu führen, Halter für eventuelle Schäden haftbar zu machen.

Stuttgart - Im Zuge der oft titulierten Mobilitätswende soll der Straßenverkehr klimafreundlich gestaltet werden. Die Stadt Stuttgart hat das kostenlose Laden für E-Autos zwar abgeschafft, investiert aber dennoch in die E-Mobilität. Neben neuen Ladeparks, wie einer am Areal Römerkastell entstehen soll, bieten verschiedene Hersteller in der Landeshauptstadt und auch in vielen Städten in Baden-Württemberg und ganz Deutschland mietbare E-Scooter an. An den elektrischen Stadtflitzern scheiden sich allerdings regelmäßig die Geister, was vor allem daran liegt, dass die akkubetriebenen Roller kreuz und quer auf den Straßen der Städte geparkt werden. Wer einen E-Roller in Waiblingen falsch parkt, muss eine Strafe zahlen.

Wie sehr die E-Scooter polarisieren, zeigte sich allein innerhalb unserer Redaktion. E-Scooter in Stuttgart sind komplett überflüssig, kommentierte unser Autor. Unsere Autorin ist dagegen der Meinung, dass wer die E-Scooter richtig nutzt, nachhaltig mobil sein kann. Die richtige Nutzung ist allerdings auch der Knackpunkt, da es auch in Baden-Württemberg eine steigende Anzahl an Unfällen mit den elektrischen Scootern gibt. Im Gegensatz zu Unfällen mit Autos, bei denen der Halter für Schäden haftet, wenn der tatsächliche Fahrer nicht identifiziert werden kann, gibt es bei den auf eine Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde reduzierten Scootern keine solche Regelung. Das soll sich laut eines Vorstoßes aus Baden-Württemberg aber bundesweit ändern.

E-Scooter und die Schuldfrage: Baden-Württemberg will Halter haftbar machen

Wenn ein E-Scooter-Fahrer beispielsweise gegen ein parkendes Auto scheppert, weil er die Beschleunigung unterschätzt hat, und anschließend das Weite sucht, ist es schwer, ihn im Nachhinein aufzuspüren. Deshalb will Baden-Württemberg künftig die Anbieter für solche Schäden haftbar machen und beim Bundesgesetzgeber, in dessen Zuständigkeit das Straßenverkehrsgesetz (StVG) fällt, eine Reform anregen. „Die E-Scooter gehören zur heutigen Großstadtmobilität“, sagte Justizministerin Marion Gentges (CDU) gegenüber der Stuttgarter Zeitung (StZ). Die Gesetzgebung sei bislang aber unzureichend. „Hier muss eine Haftungslücke, die nicht mehr zeitgemäß ist, geschlossen werden“. Der Antrag steht demnach bei der Frühjahreskonferenz der Justizminister (25./26. Mai) in Berlin auf der Agenda.

Freiwillige Selbstverpflichtungserklärung der Stadt Stuttgart

Die Stadt Stuttgart hat mit den Anbietern von E-Scootern im Stadtgebiet eine Selbstverpflichtungserklärung erstellt, die vorsieht, dass die Anbieter die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten. Sollten die zur Miete zur Verfügung gestellten E‐Scooter zum Beispiel Gehwege oder Zugänge derart blockieren, dass die Sicherheit von anderen Verkehrsteilnehmern – insbesondere von Fußgängern oder Radfahrern – beeinträchtigt wird, müssen diese umgehend von den Anbietern entfernt werden. Andernfalls wird dieses kostenpflichtig durch die Stadt erledigt.

Bürger können Verstöße direkt bei den Anbietern melden. Aktuell bieten die folgenden Unternehmen in Stuttgart E-Scooter zur Miete an: Circ, Lime, VOI, TIER und Bolt.

Dass die E-Scooter gerade in Großstädten wie Stuttgart, in denen freie Parkplätze Mangelware sind, eine praktische und zudem klimafreundliche Möglichkeit bieten, kürzere Strecken zu überwinden, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Beim Umgang mit den elektrischen Rollern, für die man keinen Führerschein braucht, gibt es aber immer wieder Komplikationen. Aufgrund zu vieler Unfälle hat eine Stadt bereits nächtliche Verbote für E-Scooter erteilt und Paris hat das Angebot ganz abgeschafft. Während der Oberbürgermeister der Stadt München den Pariser Vorstoß begrüßte, erklärte eine Sprecherin der Stadt Stuttgart gegenüber unseren Kollegen von Buzzfeed News DE, dass das Angebot eher noch ausgebaut werden soll.

Vorstoß Baden-Württembergs hätte mehrere positive Auswirkungen – nur nicht für die Halter

Laut dem Statistischen Bundesamt ist die Zahl der E-Scooter-Unfälle mit Personenschäden im vergangenen Jahr um 48 Prozent auf 8.260 angestiegen. In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern hatten die elektrischen Roller – vor Pkw – den größten Anteil an Unfällen mit Personenschäden. Da sie als Elektrokleinstfahrzeug eingestuft werden, kann ein Fahrer bislang aber höchstens für die Verschuldung eines Unfalls haftbar gemacht werden, wenn er eindeutig identifizierbar ist. Mit einer Änderung der Gesetzgeber würde diese Verantwortung künftig aber im Zweifelsfall auf die Halter zurückfallen. „Unsere Initiative auf der Justizministerkonferenz zielt nun darauf ab, diese Haftungslücke schnellstmöglich zu schließen“, sagte Monika Gentges der StZ.

Sollte der Vorstoß Baden-Württembergs bei der Justizministerkonferenz durchgesetzt und das Gesetz demnach geändert werden, hätte das gleich mehrere Auswirkungen. Zum einen müssten die Anbieter, um nicht haftbar gemacht zu werden, die Rückgabeoption ändern, damit die E-Scooter nicht mehr kreuz und quer in den Städten abgestellt werden. In Pforzheim entdeckten Passanten sogar einen E-Scooter, der kopfüber an einer Bushaltestelle hing. Zum anderen würden beispielsweise Autofahrer, an deren Fahrzeugen durch einen E-Roller eine Delle entstanden ist, im Zweifelsfall nicht mehr auf dem Schaden sitzen bleiben.

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