IG Metall-Chef: Wenn Europa keine bezahlbaren E-Autos baut, wird das „viele Arbeitsplätze kosten“
IG Metall-Chef Jörg Hofmann warnt davor, dass der Fokus auf hochpreisige E-Autos in Europa zahlreiche Arbeitsplätze gefährden wird.
Stuttgart/Frankfurt - Im Zuge der Transformation der Autoindustrie setzen die großen europäischen Autohersteller nicht nur auf die Produktion von E-Autos, sondern zunehmend auch ausschließlich auf das Premiumsegment. Mercedes-Benz hat im vergangenen Jahr die Luxus-Strategie konkretisiert und will künftig noch stärker auf den Luxus setzen. Diese Ausrichtung des Traditionskonzerns wurde mitunter deutlich kritisiert. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kritisierte, dass Mercedes nur noch Autos für „Scheichs und die Reichen“ bauen würde.
Doch auch abseits der Politik wird die Ausrichtung auf hochpreisige Modelle kritisch gesehen. Der ADAC kritisierte, dass die E-Autos immer schwerer und teurer werden und nannte die großen elektrischen SUV-Modelle „Nischenprodukte für Gutverdienende“. Bislang fahren die Hersteller mit der Luxus-Ausrichtung aber durchaus gut, Mercedes-Benz hat im Krisenjahr 2022 ein Rekordergebnis erzielt. Der Gesamtchef der Gewerkschaft IG Metall, Jörg Hofmann, warnte im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (faz), dass in Europa viele Arbeitsplätze verloren gehen werden, wenn die Hersteller keine bezahlbaren E-Autos produzieren.
IG Metall-Chef: „Chinesische Autobauer werden Exportoffensive mit billigen E-Autos starten“
Mercedes-Strategiechefin Carolin Strauß hatte im BW24-Interview erklärt, dass die Luxus-Ausrichtung enormes Potenzial bietet. „Kurzfristig mag das ein wunderbares Geschäft sein“, sagte IG Metall-Chef Jörg Hofmann, der als damaliger Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Baden-Württemberg zahlreiche Tarifabschlüsse erzielt hatte, im Gespräch mit der faz. „Aber das schafft auch eine gefährliche offene Flanke für die europäische Autoindustrie.“ Eben diese Sorge hatte auch Verkehrsminister Hermann unmittelbar nach der Verkündung der Luxus-Strategie geäußert. Mercedes werde damit den chinesischen Autobauern die Türen öffnen, so der Grünen-Politiker.
Wie sehr die chinesischen Autobauer der traditionsreichen europäischen Industrie im Bereich der E-Autos voraus sind, zeigt sich aktuell auf der Automesse Shanghai (18. April bis 27. April). Zudem hat Nio Deutschland bereits vor einiger Zeit ins Visier genommen und auch BYD und Co. etablieren sich immer mehr auf den europäischen Märkten. „Chinesische Unternehmen werden eine Exportoffensive nach Europa mit billigen E-Autos starten“, sagte auch Jörg Hofmann. „Wenn wir uns nicht mit bezahlbaren eigenen Elektroautos dagegenstemmen, die sich in großen Stückzahlen verkaufen, wird das viele Arbeitsplätze in Europa kosten.“
Europa setzt auf hochpreisige E-Autos – Stellantis will günstigere Modelle in Indien produzieren
Produkte aus China wurden in Europa in der Vergangenheit oftmals als billige Kopien belächelt, inzwischen können gerade die E-Auto-Modelle in Sachen Qualität und Leistung aber mit den westlichen Modellen mithalten. Da China zudem der größte Automarkt der Welt ist, müssen sich auch die deutschen Autobauer dort behaupten. Mercedes-Benz hat auf der Auto Shanghai den Mercedes-Maybach EQS SUV vorgestellt, der auf den chinesischen Markt zugeschnitten ist. Damit will der älteste Autobauer der Welt der Dominanz Chinas trotzen. „Oberklassefahrzeuge mögen gut für den Gewinn sein, aber Luxusautos allein sichern nicht die Jobs“, warnte IG Metall-Chef Jörg Hofmann im faz-Interview jedoch.

Dass Volkswagen mit dem ID.1 einen elektrischen Kleinwagen angekündigt hat, finde er zwar gut, die Frage sei jedoch, wie schnell europäische Autohersteller mit einem solchen Angebot seien. Der Europa-Chef des europäischen Autokonzerns Stellantis, zu dem unter anderem die deutsche Marke Opel gehört, hatte Ende vergangenen Jahres günstigere E-Autos gefordert. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge plant Stellantis jedoch, E-Autos für Europa in Indien produzieren zu lassen.