Erste E-Auto-Batteriefabrik in Europa belastet Einwohner in Gemeinde - „wir leiden“

Vor fünf Jahren wurde die erste Batteriefabrik Europas in einer Kleinstadt in Ungarn errichtet. Das beständige Wachstum der Anlage belastet die Bewohner zunehmend.
Stuttgart/Budapest - Mit dem Hochlauf der E-Auto-Produktion in Europa steigt auch der Bedarf an Batteriezellen für die Fahrzeuge. Mercedes-Benz plant acht Gigafabriken als „Zentrum der Autoindustrie“ und VW legte kürzlich den Grundstein für eine Gigafabrik in Salzgitter und will bis 2030 ebenfalls sieben oder acht Batteriefabriken bauen. Die erste Batteriefabrik für die E-Mobilität in Europa entstand allerdings bereits vor fünf Jahren in der Kleinstadt Göd nordöstlich der ungarischen Hauptstadt Budapest. Die vom südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung erbaute Fabrik wurde seitdem beständig erweitert und vergrößert.
Wenn ein bedeutendes Unternehmen einen neuen Standort in einer Kleinstadt errichtet, profitieren die Gemeinden im Normalfall davon. Auch in Baden-Württemberg haben mehrere große Unternehmen ihren Hauptsitz in kleineren Orten. So etwa der größte Softwarekonzern Europas, die SAP, in Walldorf oder auch die Mercedes-Tochter AMG in Affalterbach. Im Falle von Göd und dem Batteriewerk von Samsung leiden die Bewohner dem Handelsblatt zufolge aber unter dem Wachstum der Anlage. Dass die Gemeinde nicht von der Fabrik profitiert, hängt auch mit der Politik von Staatsoberhaupt Viktor Orban zusammen.
Mercedes, BMW, Audi: Ungarn in hohem Maße von deutscher Autoindustrie abhängig
Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, ist ein umstrittener Politiker, dem enge Verbindungen zu Wladimir Putin nachgesagt werden. Auch seine Wirtschaftspolitik im eigenen Land ist eher zweifelhaft. Laut dem Handelsblatt wettert der Staatschef zum einen dagegen, die ungarische Wirtschaft kolonisieren zu lassen, fordert im Gegenzug aber aktiv die Ansiedlung asiatischer und auch deutscher Konzerne in Ungarn. Autokonzern Mercedes-Benz betreibt etwa in der Stadt Kecskemét ein Produktionswerk, in dem bislang beispielsweise das CLA Coupé und der CLA Shooting Brake vom Band liefen. In einer Pressemitteilung vom 29. Juni verkündete der schwäbische Traditionskonzern zudem, neben den Werken in Bremen, Sindelfingen oder Tuscaloosa (USA) auch das ungarische Werk auf die Produktion von E-Autos auszurichten.
Neben Mercedes-Benz produziert auch die VW-Tochter Audi in der ungarischen Stadt Györ Elektromotoren und BMW hatte angekündigt, 2025 eine riesige E-Auto-Fabrik in Debrecen in Betrieb nehmen zu wollen. Dass die ungarische Wirtschaft damit in hohem Maße von der deutschen Automobilindustrie abhängig ist, scheint Orban nicht zu stören. Die Bewohner der Stadt Göd haben durch die Batteriefabrik von Samsung allerdings nur Nachteile. „Wir leiden“, sagte Bürgermeister Balogh Csaba. Samsung halte sich zwar mit genauen Mitarbeiterzahlen der Fabrik bedeckt, der Bürgermeister schätze die Belegschaft aber auf rund 5.000 Mitarbeiter, von denen gerade einmal 100 aus Göd stammen. Das ist aber nicht der einzige Grund für die Probleme der ungarischen Kleinstadt.
E-Auto-Batteriefabrik bringt Kleinstadt keine Vorteile - „laufen Gefahr bankrottzugehen“
Die Regierung Ungarns fördert die Produktion von Batterien für E-Autos nicht nur finanziell, sondern hat Samsung in Göd sogar eine rechtliche Sonderzone eingeräumt. Wie das Handelsblatt berichtet, handelt es sich dabei um die erste Wirtschaftssonderzone des Landes, durch die die Gewerbesteuern nicht etwa an die Gemeinde, sondern an die übergeordnete Verwaltungseinheit geht. Die Verwaltungseinheit, in Ungarn „Komitat“ genannt, Pest wird von der Partei Fidesz kontrolliert, deren Vorsitzender Viktor Orban ist. Durch diese Maßnahme verliert Göd rund ein Drittel der Einnahmen. Das Komitat überweist der Gemeinde zwar einen Teil des Geldes, bestimmt aber auch, wie das Geld ausgegeben werden darf.
Obwohl in der Stadt Göd mit der E-Auto-Batteriefabrik von Samsung eigentlich ein wichtiger Grundstein für die Autobranche beheimatet ist, steht die Gemeinde durch die Politik von Viktor Orban vor dem finanziellen Ruin. Das Geld werde zunehmend knapp, sagte Bürgermeister Csaba. Es sei aktuell noch nicht einmal möglich, Straßen und Schulen instand zu halten und eine Besserung sei nicht in Sicht. „2023 laufen wir Gefahr, bankrottzugehen.“