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Das sind die sieben größten Herausforderungen für die E-Auto-Industrie

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Von: Julian Baumann

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Die Autoindustrie weltweit konzentriert sich auf die E-Mobilität. Dabei gibt es allerdings noch ein paar Hürden zu überwinden.

Stuttgart - Weltweit konzentrieren sich sowohl Autohersteller als auch Zulieferer immer deutlicher auf die E-Mobilität. Mercedes-Benz will ab 2035 nur noch E-Autos produzieren und auch Porsche bekennt sich klar zur E-Mobilität, wie Beschaffungsvorständin Barbara Frenkel im BW24-Interview verdeutlichte. Die Transformation verlauft allerdings nicht bei allen Unternehmen ohne Probleme, gerade die Autozulieferer haben durch die Umstellung zu leiden. Zudem gibt es für den endgültigen Durchbruch der E-Autos noch einige Hürden, mit denen die Industrie derzeit zu kämpfen hat. BW24 präsentiert die 7 größten Herausforderungen für die E-Auto-Industrie.

1. Produktionskosten

Die Produktionskosten von E-Autos liegen in den meisten Fällen deutlich über denen eines vergleichbaren Modells mit Verbrennungsmotor, was zum Großteil an der Batterie liegt. Deshalb kann ein Batterietausch bei Mercedes, Porsche und Co. auch schnell teuer werden. Die Lithium-Ionen-Batterien werden noch immer größtenteils von asiatischen Zulieferern exportiert und machen in vielen Fällen bis zu 40 Prozent der gesamten Fahrzeugkosten aus. Durch die höheren Produktionskosten aufseiten der Hersteller steigen demnach auch die Preise für die Kunden. Durch die staatliche Förderung können die hohen Preise zwar relativiert werden, die E-Auto-Prämie wurde zu Beginn des Jahres aber angepasst und soll langfristig ganz entfallen.

Ein EQE von Mercedes-Benz lädt an einer Ladesäule.
Die Produktionskosten für E-Autos liegen oftmals über denen von Verbrenner-Modellen. Der EQE von Mercedes ist aber schon so rentabel wie die E-Klasse. © Mercedes-Benz AG – Communications

Mercedes-Chef Ola Källenius hatte noch vor der Markteinführung des E-Auto-Flaggschiffs EQS im Interview mit der faz erklärt, dass die Herstellungskosten der elektrischen S-Klasse deutlich über dem des Verbrenner-Pendants liege. Mit dem „kleinen Bruder“ trotzten die Schwaben aber den Kritikern, der EQE ist laut Finanzchef Harald Wilhelm so rentabel wie die E-Klasse. Laut unterschiedlichen Studien sollen die Produktionskosten entweder bereits 2024 oder erst 2028 denen von Verbrenner-Modellen entsprechen.

2. Reparaturkosten und Verfügbarkeit von Mechanikern

Eben weil die E-Auto-Modelle bei der Produktion kostspieliger sind, als ihre Verbrenner-Pendants, schlagen auch die Reparaturkosten meistens deutlich höher zu Buche. Laut einem Allianz-Experten liegen die Kosten für eine E-Auto-Reparatur rund 40 Prozent über denen eines herkömmlichen Fahrzeugs. Das liegt erneut hauptsächlich an der Batterie, eine Familie sollte für den Tausch beispielsweise mehr bezahlen, wie zuvor für das Fahrzeug. Eine ADAC-Statistik ergab jüngst zwar, dass Verbrenner pannenanfälliger als E-Autos sind, im Falle einer Reparatur, müssen E-Autofahrer dennoch deutlich tiefer in die Tasche greifen. In diesem Fall haben E-Autos demnach einen teuren Nachteil gegenüber Verbrennern.

Eine weitere Herausforderung, die aber nur eine Frage der Zeit ist, ist die Verfügbarkeit von Mechanikern und technischem Support. Die Kfz-Branche ist derzeit noch immer größtenteils auf die Arbeit an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor eingestellt, Mechaniker benötigen für die Arbeit an E-Autos eine entsprechende Sonderqualifikation. Aktuell können demnach noch nicht alle Werkstätte in Deutschland Reparaturen an elektrischen Fahrzeugen vornehmen.

3. Die „Reichweiten-Angst“

Ein großes Argument, das laut Kritikern gegen die E-Mobilität spricht, ist die vergleichsweise geringe elektrische Reichweite. „Das Thema Reichweite ist ein Dauerbrenner und eins der Hauptargumente gegen Elektroautos, seit es E-Autos gibt“, hatte Matthias Vogt, Experte für Elektromobilität beim ADAC, gegenüber BW24 erklärt. Inzwischen überbieten sich die Hersteller bei den Reichweiten der E-Autos, das ist oftmals aber gar nicht notwendig. Laut dem ADAC-Experten würden sich die Kunden allerdings Reichweiten wünschen, die denen von Modellen mit Verbrennungsmotoren entsprechen. „Von daher ist es nachvollziehbar, dass die Reichweiten der Fahrzeuge weiter steigen, um der Reichweitenangst von Kunden zu begegnen.“

Eine Mutter und ihre Tochter haben mit einem Tesla mehr als 16.000 Kilometer zurückgelegt, was zeigt, dass lange Strecken im E-Auto durchaus möglich sind. Da man bei langen Fahrten ohnehin Pausen einlegen sollte, sind auch Ladestopps ohne Probleme einkalkulierbar. Voraussetzung dafür ist allerdings der nächste Punkt.

4. Ausbau der Ladeinfrastruktur

In Baden-Württemberg ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos vergleichsweise weit fortgeschritten. Der Energieversorger EnBW eröffnete in Stuttgart kürzlich einen neuen Schnellladepark und auch das Areal am Römerkastelle der Landeshauptstadt soll zum E-Auto-Ladepark werden. Zudem treiben auch die Hersteller den Ausbau eigener Netze voran. Dennoch ist die Verfügbarkeit von E-Ladesäulen, gerade auch im ländlichen Raum, noch lange nicht so ausgebaut wie das Tankstellennetz. Diese Hürde zu überwinden, ist für die Industrie auch deshalb wichtig, weil sich Käufer möglicherweise gegen ein E-Auto entscheiden, wenn sie in ihrer Nähe keine Lademöglichkeit haben.

Eine Elektrotankstelle von Mercedes-Benz.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist einer der Hauptpunkte für den endgültigen Durchbruch der E-Mobilität. © Arnulf Hettrich/Imago

Aufgrund komplizierter Regelungen stockt der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland zwar, ein Energieverband bezeichnete den angeblichen Mangel aber als „völlig falsches Bild“. Mit dem Hochlauf der E-Autoproduktion sollte allerdings auch die Infrastruktur weiter ausgebaut werden. Bei den wichtigen Veranstaltungsorten in Stuttgart sind übrigens Ladepunkte in der Nähe zu finden, wie eine kleine BW24-Recherche ergab.

5. Ladegeschwindigkeit

Neben der Reichweite ist die vergleichsweise lange Ladegeschwindigkeit eines der Hauptkritikpunkte an der E-Mobilität. Bei diesem Punkt müssen allerdings mehrere Kriterien berücksichtigt werden, da die Ladegeschwindigkeit zum einen von der Ladesäule und zum anderen auch vom jeweiligen Modell abhängig ist. An einer Haushaltssteckdose lädt ein E-Auto beispielsweise zwischen 8 und 14 Stunden, an Ladestationen dauert der Vorgang deutlich kürzer: Mit der in den vergangenen Jahren stark verbesserten Ladetechnologie und einem geeigneten Fahrzeug lassen sich in 20 bis 30 Minuten wieder 200 bis 300 Kilometer Reichweite nachladen.

Als Argument kann man natürlich anfügen, dass 20 bis 30 Minuten noch immer ein Vielfaches der Zeit ist, die es braucht ein Auto mit herkömmlichem Antrieb zu betanken. Die Herausforderung, die Ladezeiten immer weiter zu verringern, ist aber auch ein erklärtes Ziel der Hersteller. Porsche will beispielsweise Hochleistungsbatterien bauen, die Laden in unter 15 Minuten ermöglichen.

6. Ladekosten

Aufgrund der aktuellen Energiekrise im Rahmen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sind auch die Ladekosten für E-Autos gestiegen. Mercedes hat die Ladepreise an den Ionity-Stationen zum 1. März erhöht. „Die Hauptgründe für die steigenden Preise sind die deutlich gestiegenen Beschaffungskosten, höhere Netzentgelte und teilweise veränderte Umlagen“, hatte das Unternehmen gegenüber unserer Redaktion erklärt. Ein weiteres Problem ist allerdings auch die sehr unterschiedliche Preisgestaltung der Anbieter. Im Gegensatz zu den Kosten für Benzin oder Diesel, die von den Marktbedingungen abhängig sind und pro Liter angegeben werden, gibt es bei den Ladestationen noch nicht überall eine einheitliche Regelung.

Da die Preise für Benzin und Diesel aber ebenfalls starken Schwankungen unterliegen, wie im Rahmen der Energiekrise zu bemerken war, sind die Ladekosten kein wirklicher Nachteil der E-Mobilität. Ein Tesla-Fahrer hat nach eigenen Angaben in zwei Jahren lediglich 19 Euro bezahlt, weil er den Strom für sein E-Auto mit einer Photovoltaikanlage selbst produzierte.

7. Limitierte Auswahl

Ein Punkt, der vor allem zu Beginn des derzeitigen E-Auto-Booms für Probleme sorgte, war die geringe Auswahl an elektrischen Modellen bei den Herstellern. Mercedes-Benz startete beispielsweise mit zwei elektrischen SUV auf Verbrenner-Basis, hat die Auswahl inzwischen aber deutlich aufgestockt - allerdings ohne auch nur annähernd an die Auswahl von Fahrzeugen mit herkömmlichem Antrieb heranzukommen. Porsche hat bislang mit dem vollelektrischen Taycan nur ein E-Auto auf dem Markt, will ab kommendem Jahr aber nachlegen.

Dass die Auswahl an E-Auto-Modellen bei vielen Herstellern noch überschaubar ist, ist allerdings auch schlicht dem geschuldet, dass die Transformation noch in vollem Gange ist. Der ADAC kritisierte allerdings, dass die deutschen Hersteller nur noch große und schwere E-Autos bauen. Tatsächlich setzen die meisten Autobauer auf elektrische Limousinen und SUV, wer kleinere Modelle sucht, hat deutlich weniger Auswahl.

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