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„Müssen darum kämpfen, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben“: Hermann über Entwicklung in Autoindustrie

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Von: Julian Baumann

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Die aktuelle Entwicklung in der weltweiten Autoindustrie ist laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ein Risiko für den Standort Baden-Württemberg.

Stuttgart - Der Stuttgarter Traditionskonzern Mercedes-Benz hat im Mai 2022 die erweiterte Luxusstrategie vorgestellt und konzentriert sich seitdem verstärkt auf hochpreisige Modelle. Unmittelbar nach der Verkündung hatte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), die Strategie als Einladung für asiatische Hersteller bezeichnet. Wenig später legte der Grünen-Politiker nach und kritisierte, Mercedes würde nur noch Autos „für Scheichs und die Reichen“ bauen.

Von ungefähr kommt Winfried Hermanns Befürchtung allerdings nicht. Chinesische Hersteller wie BYD oder auch Nio nehmen Deutschland ins Visier und setzen dabei nahezu ausschließlich auf E-Autos. Ein großer Knackpunkt dabei ist zum einen, dass die Modelle inzwischen ohne Probleme mit denen westlicher Hersteller mithalten können, und zum anderen, dass sich die deutschen Traditionshersteller immer deutlicher auf das Premiumsegment konzentrieren.

Mercedes-Benz und Co.: Verkehrsminister bedauert Rückzug aus dem Massenmarkt

Sportwagenbauer Porsche hat noch nie Autos für den Massenmarkt produziert und auch Mercedes-Benz, BMW und Audi geben dieses Segment immer weiter auf. Als einziger wichtiger Autohersteller Deutschlands bietet noch Volkswagen eine komplette Produktpalette vom Massenauto bis zur Limousine an, in Baden-Württemberg ist die untere Preisklasse aber sehr rar gesät. „Die deutsche Automobilindustrie räumt zu meinem großen Bedauern den Massenmarkt und setzt auf Premiumprodukte“, erklärte Winfried Hermann in einem Interview mit den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN). „Sie baut inzwischen weniger Autos als noch vor wenigen Jahren.“

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne, links.) Neuwagen von Mercedes-Benz werden per Güterzug über die schwäbische Alb transportiert (rechts).
Die deutsche Autoindustrie baut laut Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne, links) weniger Autos als noch vor einigen Jahren. © Arnulf Hettrich/Horst Rudel/IMAGO (Fotomontage: BW24)

Mit dem Fokus auf hochpreisige Modelle konnten Mercedes-Benz und Co. zwar der Chipkrise und den Lieferproblemen trotzen, die unteren Preissegmente werden dadurch aber durch Importprodukte besetzt. „Weltweit werden ja nicht weniger Autos produziert, sie werden nur woanders produziert“, machte der Verkehrsminister deutlich. „Wir müssen daher darum kämpfen, dass die hiesige Automobilindustrie den Transformationsprozess erfolgreich bewältigt und Arbeitsplätze in Baden-Württemberg erhalten bleiben.“ Eben deshalb sei laut Hermann auch der von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) initiierte Strategiedialog Automobilwirtschaft so wichtig.

Strategiedialog Automobilwirtschaft

Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg ist eine Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg, die im Jahr 2019 ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, gemeinsam mit der Automobilwirtschaft und anderen Akteuren zukunftsweisende Strategien für eine nachhaltige Mobilität zu erarbeiten und umzusetzen.

Die Teilnehmer des Strategiedialogs sind Vertreter der Automobilwirtschaft, der Politik, der Wissenschaft, der Gewerkschaften, der Umweltverbände und weiterer relevanten Bereiche. Dazu zählen beispielsweise Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Mercedes-Chef Ola Källenius, Porsche-CEO Oliver Blume sowie hochrangige Manager der schwäbischen Autozulieferer.

Der Dialog wird von der Landesregierung Baden-Württemberg moderiert. Zu Zwischenbilanzen kommen die Vertreter von Autoindustrie und Landesregierung regelmäßig zusammen. Im Jahr 2020 wurde beispielsweise ein Plan erstellt, der Baden-Württemberg zum Vorbild für die E-Mobilität machen soll.

Winfried Hermann widerspricht Kritik: „Ich gängele keinen einzigen Autofahrer“

Ein Schwerpunkt der Politik Winfried Hermanns ist das Thema der nachhaltigen Mobilität. Neben der Forderung der E-Mobilität will der Minister beispielsweise das Schienenverkehrsangebot erweitern und das Bundesland zum Pionier bei der Radinfrastruktur machen. Einige Autofahrer sehen in den Plänen allerdings den Versuch, sie zu einem Umstieg auf nachhaltigere Verkehrsmittel drängen zu wollen. „Das ist eine beliebte, vorurteilsbeladene Projektion auf einen grünen Verkehrsminister, die keine Substanz hat“, sagte Hermann diesbezüglich den BNN. „Ich gängele keinen einzigen Autofahrer.“

Er stelle schließlich keine Verkehrsschilder auf, sperre keine Strafen und schreibe auch niemandem vor, auf Bus und Bahn umzusteigen, so der Verkehrsminister weiter. Aktuell macht die Bahn auch eher Werbung für das Auto, wie die zahlreichen Störungen im Liniennetz in Stuttgart zeigen. Aber auch in Bezug auf den Zustand einiger Straßen in Baden-Württemberg sieht Hermann Handlungspotential. „Ja, da ist viel zu tun“, erklärte er.

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