„Wut ist groß“: Autozulieferer aus Baden-Württemberg schließt Werk – 900 Arbeitsplätze stehen vor dem Aus
Der Reutlinger Autozulieferer Automotive Lighting will eines von zwei deutschen Werken vollständig schließen. Dadurch stehen 900 Mitarbeiter vor dem Aus.
Reutlingen/Brotterode - Die deutschen Autozulieferer haben aktuell mit Herausforderungen zu kämpfen, die selbst an den größten Unternehmen der Branche nicht spurlos vorbeigehen. Bei Bosch herrscht die Sorge um einen drastischen Stellenabbau, der Stuttgarter Konzern hat sich inzwischen mit dem Betriebsrat aber zumindest auf Zukunftsgespräche geeinigt. Auch beim zweitgrößten schwäbischen Autozulieferer, der ZF Friedrichshafen, soll ein Kahlschlag drohen, dem laut Betriebsratschef bis 2032 rund 9.000 Stellen zum Opfer fallen werden. Gemeinsam mit der IG Metall arbeitet der Stiftungskonzern vom Bodensee aber an Zielbildern für die Zukunft der Standorte.
Der ursprünglich als Joint-Venture von Bosch und dem japanischen Autozulieferer Marelli gegründete Autozulieferer Automotiv Lighting mit Hauptsitz in Reutlingen (Baden-Württemberg) will laut dem Mutterkonzern nicht nur Arbeitsplätze abbauen, sondern im März 2024 einen kompletten Standort schließen. Dabei handelt es sich um den neben dem schwäbischen Hauptsitz einzigen deutschen Standort des Unternehmens in Brotterode (Thüringen). Die IG Metall Suhl-Sonneberg hat erbitterten Widerstand gegen die Entscheidung angekündigt, um die Zukunft von 900 Mitarbeitern am Standort zu sichern.
Autozulieferer aus Reutlingen will Werk in Thüringen schließen – IG Metall kündigt Widerstand an
Durch die Folgen der Corona-Pandemie, der Energiekrise, des Ukraine-Krieges und der Transformation zur E-Mobilität mussten in den vergangenen Monaten auch die großen schwäbischen Autozulieferer Federn lassen. Die ZF Friedrichshafen will das Werk in Eitdorf (Nordrhein-Westfalen) schließen, wodurch 690 Mitarbeiter vor dem Aus stehen. Die Marelli-Gruppe hat laut IG Metall allerdings mit der Hiobsbotschaft für den Standort in Thüringen noch gezögert. Einer Mitteilung der Gewerkschaft zufolge gab es bei zwei Verhandlungsrunden keinerlei Fortschritte, bevor der Arbeitgeber bei der dritten Runde die Karten auf den Tisch legte.
Name | Marelli Automotive Lithing GmbH |
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Gründungsjahr | 1999 |
Hauptsitz | Reutlingen, Baden-Württemberg |
Branche | Automobilzulieferer |
Kerngeschäft | Scheinwerfer, Rückleuchten, Lichtelektronik |
Mutterkonzern | Marelli-Gruppe (Japan) |
Mitarbeiter | 20.000 weltweit |
Standorte | 30 weltweit, darunter Reutlingen und Brotterode in Deutschland |
Kunden | unter anderem Mercedes-Benz, Porsche und Audi |
Der in Reutlingen, in der Region Stuttgart, ansässige Autozulieferer Automotive Lighting gehört inzwischen komplett zur Marelli-Gruppe und fertigt an 30 Standorten weltweit Komponenten wie Fahrzeugscheinwerfer und Rückleuchten für die Autoindustrie. Mit der am 8. Mai angekündigten vollständigen Schließung des Werkes in Brotterode wird das Unternehmen ab März 2024 aber nur noch den Hauptsitz in Reutlingen als deutschen Standort haben. Die IG Metall kündigt angesichts des Kahlschlags in Thüringen aber massive Gegenwehr an. „Die Wut ist groß“, so Uwe Laubach, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Suhl-Sonneberg laut Mitteilung.
Automotive Lighting wollte Standort ursprünglich verkleinern – nun droht ein Kahlschlag
Bei den ersten beiden Verhandlungsrunden zwischen Automotive Lighting und der IG Metall ging es um den Abschluss eines Zukunfts- und Sozialtarifvertrages für den Standort. Als das Unternehmen beim dritten Termin die Werksschließung bekannt gab, explodierten bei den Betroffenen verständlicherweise die Emotionen. „Plötzlich erklärt das Management von Marelli in der dritten Verhandlungsrunde die komplette Werksschließung für März 2024“, sagt Uwe Laubach. „Eine solche Frechheit fordert uns jetzt zu einer Zuspitzung der Tarifverhandlungen heraus. Der Arbeitgeber ist kurz davor, konstruktive Verhandlungen unmöglich zu machen.“

Bereits nach den ersten beiden gescheiterten Verhandlungsrunden hätten die Mitarbeiter von Automotive Lighting in Brotterode zeitweise die Arbeit niedergelegt, um für die dritte Runde Druck aufzubauen. Bis dahin war kommuniziert worden, dass der Standort in Thüringen verkleinert werden soll. Es sei ein Skandal, dass nun das gesamte Werk vor dem Aus steht, so Laubach. „Wir fordern Marelli auf, mit der IG Metall und den Beschäftigten tragfähige Lösungen zu entwickeln.“ In Brotterode hat das Unternehmen bisher hauptsächlich Scheinwerfer für die beiden in Stuttgart ansässigen Autobauer Mercedes-Benz und Porsche produziert.